Schiffe als Faktoren des globalen Wandels
Am DSM befassen wir uns im Themenfeld 3 (Schifffahrt und Umwelt) besonders ausführlich mit der Umweltgeschichte der Schifffahrt vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart in all ihren Facetten. Vor allem wollen wir zeigen und erforschen, in welcher Beziehung die Schifffahrt zu den Prozessen des globalen Wandels steht: dem Klimawandel, dem Schwund der Artenvielfalt, der Verknappung von Ressourcen, der Ablagerung von nuklearen und chemischen Hinterlassenschaften industrialisierter Gesellschaften. Diese und andere substanzielle Veränderungen des Zustands des Planeten durch den Menschen werden seit der Jahrtausendwende unter dem Stichwort Anthropozän diskutiert. Dabei geht es um nichts weniger als die Ausrufung eines neuen Erdzeitalters, das seine Prägung durch den globalen umweltverändernden Einfluss des modernen Menschen erhalten hat. „Die menschliche Dimension in geologischer Zeit“, wie es der Geologe und Paläobiologe Jan Zalasiewicz in einem Beitrag 2014 ausdrückte, erfasst zwangsläufig auch alle Formen des Wandels in den Meeren und Ozeanen. Indem wir uns im Zuge unserer Neukonzeption der Erforschung von Mensch und Meer verschrieben haben, leisten wir einen Beitrag zum Verständnis des Anthropozäns.
Umwelthistorische Dimensionen der Schifffahrtsgeschichte
Vor dem Hintergrund des globalen Wandels müssen wir über Schifffahrt neu nachdenken. Wir erweitern daher das inhaltliche Spektrum der Schifffahrtsgeschichte und erschließen neue Themen für eine weit gedachte, meeresbezogene Geschichtswissenschaft. Im Forschungsschwerpunkt Themenfeld 3 (Schifffahrt und Umwelt) fragen wir nach der Bedeutung von Schiffen und maritimen Technologien jenseits der bekannten Erzählungen. So interessiert uns, welche politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dazu geführt haben, dass Schiffe gezielt zur vermeintlich spurlosen Beseitigung gefährlicher Substanzen, wie Munition aus den beiden Weltkriegen oder industriellem Giftmüll, eingesetzt wurden. In einem eigenen Forschungsprojekt gehen wir aber auch der Frage nach, wie die Schifffahrt im Zeitalter zunehmender globaler Verflechtung seit dem späten 19. Jahrhundert zur Veränderung der marinen Biodiversität beiträgt. Denn der interkontinentale Seehandel begünstgt den unbeabsichtigten Transport von Organismen und damit die Verbreitung invasiver Arten. Aber auch einschlägige Themen wie Fischerei und Walfang kommen auf den Prüfstand. In der Sammlung unseres Museums finden sich neben Zeugnissen des Walfangs des 17. und 18. Jahrhunderts nennenswerte Objekt-, Archiv- und Bildbestände zu Fischerei und Walfang im 19. und 20. Jahrhundert. Die historische Forschung betrachtete sie bislang meist getrennt voneinander. Wir wollen Interessen und Technologien mariner Ressourcennutzung zum einen kulturgeschichtlich daraufhin untersuchen, welches menschliche Verhältnis zum Meer in ihnen zum Vorschein kommt, und zum anderen danach fragen, wie diese Nutzung das Meer als Naturraum unmittelbar beeinflusst hat. Hier eröffnen sich in der Zukunft Kooperationsmöglichkeiten mit naturwissenschaftlichen Herangehensweisen.