Melanie Garland: Inklusive Ansätze für das maritime Erbe
Frau Garland, von welchem Forschungsinstitut kommen Sie und wie lange werden Sie im Deutschen Schifffahrtsmuseum bleiben?
Melanie Garland: Ich bin eine unabhängige Wissenschaftlerin und arbeite mit verschiedenen Institutionen und Kulturräumen in Berlin, Rom und Valparaíso zusammen. Ich habe meine Promotion am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin abgeschlossen, wo ich jetzt als Dozent und Gastwissenschaftler tätig bin. Im DSM bleibe ich bis November 2025.
Könnten Sie bitte Ihren Forschungshintergrund erläutern?
Ich bin eine interdisziplinäre Künstlerin, Kuratorin und Forscherin mit den Schwerpunkten Stadt- und Wasserräume, Postmigration und kulturelles Erbe. Meine Arbeit nimmt oft die Form von ortsspezifischen Installationen, Klangkompositionen und öffentlichen oder kollaborativen Interventionen an. Ich habe einen Abschluss in Bildender Kunst, einen Master in Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern und eine Ausbildung als Museumssammlungsmanagerin. Vor kurzem habe ich meine Promotion in Anthropologie und reflexiver Europäischer Ethnologie abgeschlossen.
Meine Forschung verbindet Postmigrations- und Postkolonialstudien, feministische Geografie und dekoloniale Praktiken mit künstlerisch-ethnografischen Methoden. Ich interessiere mich besonders für die Schnittstellen von Kunst und Anthropologie – die Arbeit mit Objekten, Klang und kuratorischen Prozessen, die in der feministischen Ethik der Fürsorge verwurzelt sind. Ein Großteil meiner Praxis beschäftigt sich mit kollaborativen Ausstellungen und öffentlichen Interventionen, wobei ich nach Wegen suche, wie multisensorische Ansätze die Gewalt überwinden können, die in traditionellen ethnografischen Darstellungen eingebettet ist.
Warum haben Sie sich für einen Forschungsaufenthalt im Deutschen Schifffahrtsmuseum entschieden und woran werden Sie forschen?
Während meiner Promotion begann ich mich für die akustischen Dimensionen der Ozeane und Meere zu interessieren – ausgehend von Hydrofeminismus und postkolonialen Meeresstudien. Diese Ideen entwickelten sich in meiner kuratorischen Praxis weiter und gipfelten in einer multimodalen Ausstellung im Rahmen meiner Doktorprüfung.
Dies führte mich zum DSM, wo ich meine Interessen für Museen, Kuratieren und postkoloniale Meeresstudien zusammenbringen kann. Mein Projekt interpretiert die Schiffsmodelle-Sammlung neu und verfolgt, wie maritime Geschichte mit Kolonialismus, Handel und ökologischem Wandel verflochten ist. Die Schiffsmodelle PAMIR und PREUSSEN aus dem 19. Jahrhundert dienen mir als Ausgangspunkt und eröffnen breitere Narrative wie die Ausbeutung von Salpeter in Chile und seine bleibenden globalen Spuren – vom chilenischen Altiplano bis zum Hamburger Chilehaus. Diese Geschichten finden auch Resonanz im aktuellen Lithiumabbau in der Atacama-Wüste im Norden Chiles.
Ich betrachte die Sammlung „Schiffsmodelle“ als einen Raum für fließende und relationale Geschichten, in dem Seewege Ozeane von Barrieren in verbindende Korridore verwandeln. Mein Ziel ist es, inklusivere Ansätze für das maritime Erbe zu entwickeln. Dazu gehören kollektive Hörsitzungen mit Meeresgeräuschen sowie archivarische und ethnografische Forschungen, um unbekannte Geschichten über den Salpeterabbau in Südamerika ans Licht zu bringen.
Welches Exponat ist für Sie besonders spannend?
Das Preussen-Schiffsmodell, eines meiner Hauptforschungsobjekte, ist derzeit ausgestellt. Es ist zu einem perfekten Ausgangspunkt geworden – ich verbringe fast jeden Tag Zeit damit, zu beobachten, wie Besucher damit interagieren und wie es mit anderen Objekten in der Ausstellung in Beziehung steht. Diese langsame, tägliche Präsenz fühlt sich wie eine ethnografische Praxis an, die aufmerksam die Begegnungen zwischen Besuchern, Objekten und dem Museumsraum beobachtet.
Infos zu Melanie Garland stehen hier.
Melanie Garland sucht Gesprächspartner und Interviewpartner für Ihre Forschung. Wer die Schiffswelten-Ausstellung besucht hat und über seine Eindrücke sprechen möchte, kann sich bei ihr melden: M.Garland@dsm.museum

Credit: DSM / Annica Müllenberg