Der kolonialistische Blick

Der kolonialistische Blick

Für die Kolonialzeit lassen sich unterschiedliche Bildformen der Darstellung des „Anderen“ beobachten. Als Bildgenre beschrieb das „Pittoreske“ die Darstellung von Minderheiten, Armen und Absonderlichkeiten in den Elendsvierteln westlicher Großstädte. Man findet das „Pittoreske“ aber auch in touristischen und kolonialen Reisebildern als bildliches Klischee der als minderwertig und zivilisatorisch tiefer stehender angesehenen fremden Kulturen. Insbesondere die im „Orient“ angetroffenen Lebensstandards, die nicht den modernen Annehmlichkeiten wohlhabender Großstadtbürger entsprachen, fielen unter diese Kategorie. Alternativ dazu stehen die Lebensentwürfe westlicher Künstler, die aus den Großstädten in selbst gewählte „Paradiese“ flohen. Sich in der „unverfälschten“ Natur des Pazifiks niederlassend entwarfen sie mit dem Bild des „primitiven“ jedoch „edlen Wilden“ den Topos der „Südseeromantik“.

Mit dem anthropologischen und ethnografischen Zugriff auf die Fotografie glaubten die Fotograf*innen, die Lebensweise der indigenen Kulturen aus einer wissenschaftlich „neutralen“ und daher „objektiven“ Perspektive heraus festhalten zu können. Die sogenannten „Typendarstellungen“ wollten hierbei das Charakteristische der jeweiligen „Rassen“ verdeutlichen und nahmen anhand physiognomischer Merkmale von Kopfform oder Nase eine Zuordnung vor. Äußeren Formen sollten auf spezifische Charaktereigenschaften schließen lassen.

Zeitgleich etablierten Carl Hagenbecks „Völkerschauen“ in Hamburg eine populäre und populistische Vermarktung des Fremden. Die erste Zurschaustellung „exotischer“ Menschengruppen war 1874 eine Gruppe von Sami (Finnland), die wie eine Gruppe von Zootieren den Besuchern zum Bestaunen feilgeboten wurde. Der zeitgenössische Bildmarkt reagierte mit einem Angebot von Inszenierungen, die eine Übersteigerung der Andersartigkeit zum Zwecke der Unterhaltung vornahmen. Die Aufnahmen wurden hier eigens arrangiert und auf den Geschmack der Käufer abgestimmt, wie Beispiele künstlich inszenierter Ansichten von „Kannibalen“ belegen. Die Ideologie der Überlegenheit der weißen Rasse artikulierte sich im kolonialistischen Blick in der gezielten bildlichen Herabwürdigung der fotografierten Indigenen, die man zum Objekt degradierte und dem Tiere gleichstellte.

Hier sehen Sie unterschiedliche Beispiele des kolonialen Blicks und rassistischer Stereotype, die mitunter auch heute noch auftreten.

Kontakt

PD Dr. Gisela Parak

+49 (0) 471 482 07 834

g.parak@dsm.museum
 

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bibliothek@dsm.museum

Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: Fotoalbum mit Postkarten aus D.S.W. Afrika um 1900 © Archiv DSM

Name des Sprechers: Michael Stephan-Hegner

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Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: Kleiner Kreuzer S.M.S. BUSSARD in Samoa, 1895 - 1897 © Archiv DSM

Name des Sprechers: Michel Spiro

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Thomas Andrew: Eine Ermordung auf den Fidji-Inseln, in: Kleiner Kreuzer S.M.S. BUSSARD in Samoa, 1895 - 1897 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Vivian Koch

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Unbekannter Fotograf: Feuerländer längsseits, in: Fotoalbum von Matrose Karl Heinz Mangelsen gefahren auf dem Kreuzer KARLSRUHE, 1931 - 1932 © Archiv DSM [Die historische Bildunterschrift gibt rassistische Sprache wieder und lautete: „Feuerländer betteln“]

Name des Sprechers: Joscha Glanert

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Unbekannter Fotograf: N****kinder essen die Reste auf, in: Fotoalbum von Matrose Karl Heinz Mangelsen gefahren auf dem Kreuzer KARLSRUHE, 1931 - 1932 © Archiv DSM [Die historische Bildunterschrift gibt rassistische Sprache wieder und wurde geändert]

Name des Sprechers: Michael Stephan-Hegner

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Unbekannter Fotograf: Apfelsinen, in: Reise-Erinnerungen Afrika, 1895 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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