Die „Holland-Aktion“ – Transfer und Versteigerung von Umzugsgut aus Rotterdam in Lübeck
Das Forschungsprojekt „Die Holland-Aktion. Der Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Emigrant:innen in Rotterdam und Lübeck ab 1942" am Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte ergänzt seit dem 1. November 2025 die beiden Projekte zum Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Auswander:innen nach 1939 in Bremen und Hamburg.
Auch bei diesen neuen Forschungen geht es um die Aufarbeitung der Enteignungen jüdischer Menschen in der NS-Zeit in Deutschland. Nachdem mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 zivile deutsche Schiffe nicht mehr in internationale Gewässer fahren konnten, versuchten Auswandernde und deren beauftragte Speditionen, ihre Frachten vor allem über die beiden großen Häfen Rotterdam und Antwerpen nach Übersee zu verschiffen. Diese Möglichkeit wurde durch die Invasion der deutschen Truppen in die Niederlande und Belgien im Mai 1940 verhindert.
Sehr viele Menschen, die noch rechtzeitig vor den Verfolgungen und Verbrechen des NS-Regimes ins Ausland flüchten konnten, warteten in ihrer unfreiwilligen Emigration vergeblich auf ihr Hab und Gut aus der Heimat.
Die Umzugsgüter, verpackt in Liftvans und Kisten, wurden (wie in Bremen und in Hamburg) auch in diversen Warenlagern in den Niederlanden eingelagert. Die deutsche Besatzungsmacht, allen voran der damalige „Reichskommissar für die niederländischen Gebiete“ Arthur Seyß-Inquart, verfügten im Jahr 1942, dass ein Teil dieser Umzugsgüter nach Lübeck verbracht werden sollte, um dort öffentlich versteigert zu werden. Lübeck war Ostern 1942 durch Luftangriffe stark zerstört worden, weswegen die Güter aus Rotterdam „zur Linderung der Bombenschäden“ dorthin geschickt wurden.
Der damalige Oberfinanzpräsident in Kiel, Richard Giese, verantwortete die Beschlagnahmungen, den Transport (durch die Firma Schenker & Co.) und die sogenannte „Verwertung“ der Güter. In Lübeck war das Finanzamt verantwortlich für den Verkauf und die öffentlichen Versteigerungen zwischen Februar und September 1943.
In den Projekten betreiben die Forscherinnen Grundlagenforschung, da sie sich nicht mit einzelnen Objekten oder betroffenen Personen befassen, sondern die Geschehnisse der Enteignungen und Versteigerungen über einen langen Zeitraum in ganzen Städten aufarbeiten. Dabei nehmen sie vor allem die Objekte und deren Eigentümer in den Fokus.
Die Forschungsergebnisse werden auf der LostLift-Datenbank online zur Verfügung gestellt: www.lostlift.dsm.museum.
Provenienzforschende, Museumsmitarbeitende und Auktionshäuser weltweit können auf diese Weise nach Objekten fahnden und die Nachfahren und Familien der damaligen Auswander:innen können herausfinden, ob es zu den Angehörigen und ihrem Eigentum noch Unterlagen oder Informationen gibt.
Das Projekt wird dankenswerterweise vom Deutschen Zentrum Kulturgutverlustegefördert.
Weitere Provenienzprojekte:
Übersiedlungsgut beschlagnahmt in Bremer Häfen

