Bürgerliche Porträtkunst

Das Porträt als bürgerliche Konvention

Der Fotografie wurde lange nachgesagt, dass sie das zuvor dem Adel vorbehaltene Format des Selbstporträts „demokratisierte“. Diese These ist jedoch fragwürdig: Die Fotografie vermochte es Ende des 19. Jahrhunderts nicht, allen Bevölkerungsgruppen gleiche Rechte und denselben ökonomischen Status zu verschaffen. Fotografien wurden jedoch für die breite Masse der Bevölkerung erwerbbar. Der Aufstieg der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihre neue Rolle im Staat wurden von einer Vielzahl fotografischer Selbstbildnisse begleitet – allerdings mit den bildlichen Abgrenzungsmerkmalen einer noch immer ständisch strukturierten Gesellschaft. Gerade das gehobene Bürgertum übernahm dabei oftmals Attribute und Darstellungsformate des Adels in seine fotografische Porträtkultur. In den aufblühenden Fotoateliers der Zeit wählte das Klientel gemalte Kulissen, Kostüme und Gegenstände, um die Inszenierung des eigenen sozialen Status entsprechend auszustaffieren.

In den großen Hafenstädten spezialisierten sich Fotoateliers auf die Bedürfnisse der reisenden Matrosen, die die Trennung von ihren Lieben mit einem fotografischen Erinnerungsbild zu überbrücken versuchten. Die eigens angefertigten Gruppenporträts förderten das Zusammenhörigkeitsgefühl der auf engem Raum zusammengepferchten Seeleute. Hier brachte die fotografische Porträtkultur für die Seefahrt spezifische Formate hervor, die oftmals das Schiff selbst mit einbezogen.

Die Matrosen präsentierten sich in den luftigen Höhen der Masten und verwiesen so stolz auf berufsspezifische Fähigkeiten, die sie von anderen Berufsständen unterschieden. Aus heutiger Perspektive wohnt manchen dieser Inszenierungen eine unfreiwillige Komik inne, zelebrierten die Gruppenbildnisse auch das gemeinsame Besäufnis – und dies nicht nur zu festlichen Anlässen. Eine gewisse Trinkfertigkeit mag zwar inoffiziell durchaus als Frage der Berufsehre gegolten haben – die militärische Disziplin an Bord ging jedoch rigide gegen jegliche Trunkenheit im Dienste vor. Den Gruppenaufnahmen kommt eine identitätsstiftende Funktion zu, sie festigten den Zusammenhalt der Gruppe

Kontakt

PD Dr. Gisela Parak

+49 (0) 471 482 07 834

g.parak@dsm.museum
 

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bibliothek@dsm.museum

Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: Torpedoboot TAKU, 1900 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Deike Reddig

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Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: Torpedoboot TAKU, 1900 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Deike Reddig

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Unbekannter Fotograf: Besuch an Bord, in: Reisen auf Schiffen der Kaiserlichen Marine nach China u. Japan, 1908 - 1910 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Vivian Koch

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Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: S.M.S. BUSSARD, 1895 - 1896 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Deike Reddig

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Unbekannter Fotograf: ohne Beschriftung, in: S.M.S. BUSSARD, 1895 - 1896 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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Unbekannter Fotograf: Seekadetten im Heizraum, in: S.M.S. CHARLOTTE, 1908 - 1909 © Archiv DSM

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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