„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen!“ Ende des 19. Jahrhunderts bot der Dienst in der deutschen Kaiserlichen Marine jungen Männern aus einfachen Milieus die Möglichkeit, etwas von der Welt zu sehen. Viele dieser Marinesoldaten füllten ihre Reisealben mit Fotografien, die sie in den deutschen Kolonien aufnahmen und die ihre Neugier und Faszination für das Fremde zeigen. Die Ausstellung „Das Andere sehen? Der kolonialistische Blick“ versteht sich als Spurensuche dieser fotografisch festgehaltenen Erinnerungen. Sie basiert auf Sammlungsbeständen des Deutschen Schifffahrtsmuseums – Leibniz-Institut für Maritime Geschichte.

Was und wie die Matrosen fotografiert haben, zeigt, dass auch sie vom Kolonialismus ideologisch geprägt waren. Die in den Alben gesammelten Fotografien spiegeln nicht nur die subjektive und individuelle Weltsicht unterschiedlicher Beteiligter wider. Sie verdeutlichen zugleich, wie stark auch die Marinesoldaten die Haltung verinnerlicht hatten, die „weißen“ Kolonisatoren seien gegenüber den indigenen „Kolonialisierten“ kulturell überlegen. Der Blick der Matrosen auf das Fremde, den wir hier zeigen, steht stellvertretend für diese Zeit. Dasselbe fotografische Bildmuster findet sich auch in vergleichbaren Reisealben von Expeditions- und Handelsreisenden, Naturforschern, Ethnologen oder Reiseschriftstellern.

Koloniale Bildwelten sind komplex und widersprüchlich. Die Ausstellung nähert sich diesem Phänomen in vier Ausstellungsbereichen und über drei Ebenen: Zum einen werden grundsätzliche Darstellungsweisen und Bildmuster des kolonialen Blickes vorgestellt. Zum anderen laden ausführliche Bildbesprechungen zum Studium einzelner Bildwerke per Audio ein. Fünf Impulse, ebenfalls zum Hören, vertiefen den historischen Kontext und die methodische Reflexion und beschäftigen sich mit der Problematik, wie ein Museum mit dem zwiespältigen Erbe der deutschen Kolonialgeschichte verantwortungsbewusst umgehen kann.

 

Matrosen als Fotografen

Die Kolonialkriege des Deutschen Kaiserreichs führten die Matrosen der kaiserlichen Flotte in entlegene und ferne Gegenden der Welt, wie Nordostchina, den Pazifik sowie West-, Südwest- und Ostafrika. Dort sollten sie mittels „Kanonenbootdiplomatie“ die Gesetze der deutschen Kolonialmacht durchsetzen. Die Matrosen begegneten zum ersten Mal in ihrem Leben fremden Lebenswelten. Diese Erfahrung machte sie zu Weltbürgern, aber gleichzeitig auch zu Beteiligten an einer gewalttätigen Unterwerfung. In ihren Reise- und Erinnerungsalben lässt sich das Staunen über die Vielfalt der Welt und das Bedürfnis erkennen, besondere Eindrücke des fremden Unbekannten festzuhalten. Oft geschah dies mit einer wissenschaftlichen fotografischen Vermessung der Fremden, denen sie begegneten. Ungeachtet wie alltäglich, „unverfänglich“ oder „unvorbelastet“ einzelne Fotografien dabei auch wirken mögen: Der kolonialistische Blick mit seinen ideologischen Annahmen einer politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und geistigen Überlegenheit durchzieht die Bildsammlungen wie ein roter Faden.

Impressum

24/7 vor Ort erleben

Die Open-Air-Ausstellung "Das Andere sehen? Der kolonialistische Blick" kann ab Sonntag, 18. April, bis Ende Februar 2022 in der Rotunde des Museumshafens 24/7 besichtigt werden. Sie entstand in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Bremen.

Schüler:innenprojekt

Im Rahmen eines Projekts erarbeiteten Schüler:innen der Ernst-Reuter-Schule in Bremerhaven Audio-Beiträge.

Impuls: Überblick über die Kolonialgebiete

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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Impuls zur deutschen Kolonialgeschichte

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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Impuls Ortsbezug - Die Hunnenrede

Name der Sprecherin: Neele Bahr

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